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KÜNSTLICHE INTELLIGENZ Aller Anfang ist schwer

KI-Anwendungen in kommunalen Betrieben? Was zuerst nach Science-Fiction klingt, wird schon bald Realität. Wie diese aussehen kann, wurde jüngst im Kommunalforum Alpenraum der Lindner Traktorenwerk GmbH besprochen. Hier kamen KI-Experten, Ingenieure und Gemeindevorsteher aus Deutschland, Österreich und Südtirol zusammen, um über einen Einsatz der cleveren Software auf kommunaler Ebene zu diskutieren.

Lesedauer: min | Bildquelle: Tim Knott
Von: Tim Knott

„Wir sollten uns von Hollywoodklischees verabschieden“, fordert Rudolf Schleyer, Vorstandsvorsitzender der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern, in seinem Impulsvortrag. KI sei keine Killermaschine mit österreichischem Akzent, sondern stattdessen eine Möglichkeit, Kommunen in vielen Belangen effizienter zu machen. Auch könne sie dabei helfen, kommunale Dienstleistungen bedarfsgerechter anzubieten und damit Kosten zu sparen.

Ein erstes Praxisbeispiel ist direkt an die Herausforderungen der alpinen Region Österreichs angepasst: Schleyer verdeutlicht die Möglichkeit, mithilfe von Kameradrohnen und angepassten KI-Programmen die Berge zu überwachen und so mehrere Aufgaben wie die Vegetationskontrolle, Gewässer- oder Wanderwegsinspektionen auf einmal zu erledigen – alles Dinge, die sonst mit aufwendigen Kontrollgängen erledigt werden müssten. Auch Waldschäden oder Erosionsrisiken lassen sich mit den technischen Hilfsmitteln erkennen. Die gewonnenen Daten können eine Vielzahl von kommunalen Anlaufstellen, wie Flussmeistereien, Bauhöfe oder der lokale Förster nutzen – gesetzt den Fall, dass sie zentral gespeichert werden und jeder kommunale Akteur Zugriff darauf hat. Ein weiteres Anwendungsbeispiel für künstliche Intelligenz liegt im „Smart Traffic“, dem intelligenten Verkehrsmanagement. „Straßen lernen aus ihrer Geschichte“, erläutert Schleyer. Mithilfe historischer Daten der Verkehrs-Auslastung könnten KIs Auslastungs-Prognosen für zukünftige Ereignisse, wie Streiks oder Demonstrationen, erstellen. So haben Verantwortliche ausreichend Informationen, um rechtzeitig Maßnahmen für einen ruhigeren Verkehrsfluss zu treffen und Staus zu vermeiden.


 

Traclink Report: die Prognose für den Winterdienst

Ein ähnliches Prinzip verfolgt zurzeit auch das Ingenieursteam von Lindner mit einem neuen Projekt. Grundlage für die KI-Anwendung ist die firmeneigene Telematiksoftware Traclink, welche die Arbeit zwischen Trägerfahrzeug und Anbaugerät optimiert und während des Betriebs Fahrzeugdaten aufnimmt, um z.B. den Winterdienst rechtssicher zu dokumentieren. So weit, so bekannt.

Neu dagegen sei die Möglichkeit, wie beim „Smart Traffic“ Prognosen für die kalte Jahreszeit vorzunehmen. Unter Berücksichtigung des Maschinen-Inputs und der Wetterstatistik lasse sich kalkulieren, wie viel Arbeitszeit, Salz und Diesel für den Winterdienst an einem bestimmten Tag eingeplant werden müssten. Für die entsprechenden Maschinendaten sorgt die Telematik. „Insgesamt brauchen wir drei komplette Winter an Einsatzdaten“, berichtet Josef Astner, Leiter Digital Services. Entsprechend lange ist die Vorlaufzeit, bis Prognosen erstellt werden können. In der Praxis könne die Vorhersage von Traclink Report – so der Name der neuen Anwendung – besonders bei der Überstundenplanung von erheblichem Vorteil sein. „Denn heute ist die knappe Ressource nicht das Salz, sondern die Fahrer“, so Marketingchef David Lindner. Auch die Betriebsmittelkalkulation und Vorbereitung werde so erleichtert. Übrigens: Bei der Entwicklung von Traclink Report kommt hin und wieder auch KI-Unterstützung von ChatGPT zum Einsatz. „Mittlerweile versteht es sogar Mundart“, scherzt Astner.

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KI: komplex und vielversprechend

Trotz der Potenziale sind die anwesenden Gemeindevorsteher noch nicht restlos überzeugt. Eine Befürchtung ist die erschwerte Nutzung von KI-Lösungen durch den Datenschutz. Oftmals schränke die DSGVO den Austausch von nützlichen Daten zu stark ein, berichtet Franz Rasp, der Bürgermeister von Berchtesgaden. Zwar existiert ein erstes Projekt für Schnittstellen, mit denen sich auch restriktive Daten sicher austauschen lassen, dennoch scheinen die meisten Infrastrukturen Deutschlands für den effektiven Einsatz von KI-Lösungen unzureichend gerüstet.

Schleyer ist dennoch optimistisch: Zwar sei die Integration von KI in bestehende IT-Strukturen komplex und aufwendig, allerdings könnten die bestehenden Systeme auch über einen längeren Zeitraum Schritt für Schritt miteinander verknüpft werden. Besonders wichtig sei hierbei der Faktor Mensch: „Veränderung geht nur mit den Menschen. Diese müssen begeistert und mitgenommen werden.“ Daher komme es in Zukunft vor allem darauf an, vorhandenes Personal in KI-Fragen zu schulen und so die Vorteile zu verdeutlichen. Deswegen überrascht das Plädoyer des Experten nicht: „Erste Schritte wagen, auch wenn es kleine sind.“

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